insights!-Folge 2: Moderne Organisationsstrukturen im Onlinehandel. In dieser Folge mit Dr. Kai Hudetz vom IFH KÖLN

Verfasst von Joubin Rahimi

24.10.2022 11:37:36

,,Jetzt merken viele, dass sie ihr Potential nur über neue Vertriebskonzepte voll ausschöpfen können''

Im vorherigen insights!-Podcast gewährte uns der Handelsexperte Dr. Kai Hudetz einen Blick in die Zukunft des Einzel- und Onlinehandels. Nun steht er uns vor dem Mikrofon ein zweites Mal Rede und Antwort. In diesem Gespräch dreht sich alles um die Frage, wie der Onlinehandel strukturell organisiert werden kann, um den Anforderungen eines sich rasend schnell verändernden Marktes gerecht zu werden.

Dr. Kai Hudetz ist seit August 2009 Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung IFH und Gründungsmitglied des E-Commerce-Centers ECC. Der Wirtschaftswissenschaftler und Gastdozent verschiedener Hochschulen beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der Frage, wie Handel und digitales Zeitalter zusammenfinden.

 

Seit nunmehr 26 Jahren berät Dr. Kai Hudetz für das IFH Unternehmen, die bei der Umsetzung moderner Organisationsstrukturen an ihre Grenzen stoßen. Wenn einer ein Auge für neue Trends und Entwicklungen hat, dann er. Und die will er durchaus ausgemacht haben: „Hersteller sind zunehmend daran interessiert, vom Endkunden her zu denken, weil der auf einmal relevant geworden ist.“ Damit neige sich allmählich eine Ära zu Ende, in der herstellende Unternehmen lediglich um das Wohl der Einzel- und Großhändler bemüht gewesen seien. Der Wirtschaftswissenschaftler im Dienste des IFH will beobachtet haben, dass „die Grenzen zwischen B2B und B2C teilweise verschwimmen“. Immer weniger Unternehmen könnten sich dem Charme des Plattformvertriebs entziehen. Allerdings sei der Umstieg auf diesen direkteren Vertriebskanal mit Tücken und Schwierigkeiten verbunden. „Nun stellt sich die Frage, wem der Kunde gehört und wer den Zugang zu diesem bestimmt“, sagt Dr. Kai Hudetz.

Insbesondere Traditionsunternehmen hätten Probleme, sich auf den Handel der Zukunft einzustellen – der eigentlich schon längst begonnen habe. „Die wollen bestehende Kanäle nicht verunsichern, nicht verprellen“, sagt der IFH-Geschäftsführer. Oftmals sei man über Jahrzehnte zusammen gewachsen und erfolgreich gewesen. „Und jetzt merkt man, dass man es vielleicht doch anders aufziehen muss, um das volle Potential auszuschöpfen. Dass es nicht vom Kundenwunsch her gedacht ist.“ Ein mehrstufiger Vertrieb führe nur bei den wenigsten Kunden zu einer attraktiven Customer Journey, schlimmstenfalls würden diese nach unzähligen Klicks durch unübersichtliche Websites auf einen externen Händler umgeleitet werden, bei dem die Suche von vorne beginne. „Wir müssen deutlich konsequenter vom Endkunden her denken“, ist das Urteil des Branchenkenners. Und das beginne damit, an Informationen über die Kunden zu gelangen. „In den allermeisten Fällen wissen die Unternehmen zu wenig über ihre Endkunden.“

 

 

Auf der Suche nach neuen Vertriebswegen und Kunden entscheiden sich insbesondere alteingesessene Unternehmen zumeist für den Pfad der getrennten Wege. In diesem Fall, so Dr. Kai Hudetz, stelle sich dann die Frage, ob die neue Organisation innerhalb der etablierten hochgezogen werden soll oder völlig davon losgelöst. Der Wirtschaftswissenschaftler plädiert für den Weg in die Unabhängigkeit. „Es hat große Vorteile, wenn man das anfangs außerhalb der Organisation hochzieht, weil es unerfreulich ist, wenn du am Tisch derjenige bist, der den kleinsten Umsatz beisteuert.“ Aber auch andere Argumente lassen sich leicht nachvollziehen. So sei es in Unabhängigkeit leichter, der Entwicklung entsprechend hochzuskalieren. Ein neues Unternehmen stehe überdies in vielen Fällen für eine moderne Kultur, die keine Rücksicht auf „hemdsärmelige Strukturen“ legen möchte. „Junge Talente fühlen sich in so einer Organisationskultur dann auch nicht wohl“, sagt Dr. Kai Hudetz. Am Ende des Tages komme aber irgendwann doch der Zeitpunkt, an dem die getrennten Wege wieder zusammengeführt werden sollten. „Ein einheitliches Kundenverständnis über die Kanäle hinweg entwickelst du nur in Zusammenarbeit.“ Ganz nach dem Motto, eine Marke, ein Kundenerlebnis.

 

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Du möchtest lieber lesen? Hier ist der Podcast-Inhalt:



Joubin Rahimi:
Grandios, dass Ihr dabei seid zu einer neuen Folge von insights! Mein Name ist Joubin Rahimi und heute zu Gast, Kai Hudetz. Hallo, Kai.

Dr. Kai Hudetz:
Grüße Dich, Joubin. Danke für die Einladung!

Joubin Rahimi:
Ja, sehr gerne. Du kommst ja vom Institut für Handelsforschung, ECC habt Ihr auch mit aufgesetzt. Eure Kunden sind aber nicht nur Handelskunden, sondern ja auch Industriekunden. Es wäre klasse, wenn Du Dich einmal in dem Kontext vorstellen könntest.

Dr. Kai Hudetz:
Ja, mein Name ist Kai Hudetz. Ich bin seit gefühlten hundert, tatsächlich aber 26 Jahren am Institut für Handelsforschung, oder IFH Köln, wie es jetzt heißt, tätig. Seit 14 Jahren als Geschäftsführer. Und ich habe im Jahr 1999 die Marke ECC, jetzt auch ECC Köln, gegründet, mit der wir das Thema E-Commerce, E-Business, Omnichannel, Superchannel, Wie-auch-immer-Channel, Plattformen und so weiter aufgegleist haben und eben zunehmend, wie Du schon richtig angekündigt hast, auch interessant werden für die Hersteller und natürlich auch Herstellerunternehmen, die immer stärker daran interessiert sind, wirklich vom Endkunden her zu denken. Also nicht, was möchte die Stufe, an die ich liefere, der Großhandel oder der Einzelhandel? Sondern tatsächlich der Konsument, der Kunde, der Endkunde, derjenige, der die Kaufentscheidung in vielen Fällen auch maßgeblich dann beeinflusst. Und das ist für uns natürlich sehr, sehr spannend.

Joubin Rahimi:
Das wäre jetzt meine Frage gewesen, warum Industriekunden jetzt auf Euch zukommen? Aber Du hast sie beantwortet: weil der Endkunde auf einmal relevant wird. Warum ist das so?

Dr. Kai Hudetz:
Wir machen ziemlich viele Projekte im baunahen Bereich, jetzt auch für Hersteller, Unternehmen, wo es eben immer darum geht, jetzt nicht zu verstehen, wie tickt denn eigentlich der, der die Bestellung auslöst, das ist im Normalfall eben der Großhändler oder der Einzelhändler. Sondern, wie tickt der Handwerker, der beim Einzelhändler oder beim Großhändler einkauft? Wie tickt vielleicht sogar der Endkunde, da verschwimmen ja teilweise auch die Grenzen zwischen B2B und B2C? Wie tickt der eigentlich? Und das ist für diese Unternehmen doch extrem relevant geworden. Zudem gibt es kaum noch einen Hersteller, da sind wir auch im engeren Austausch mit vielen aus dem Konsumgüterbereich, die dem Plattform-Charme hier widerstehen können. Also der Vertrieb über Plattformen ist natürlich auch eine ganz wichtige Fragestellung und da gibt es dann doch immer Themen, die nicht ganz einfach sind, wo es auch um Kanalkonflikte geht, wo es auch darum geht, wem gehört jetzt eigentlich der Kunde, wer bestimmt den Kundenzugang und was bedeutet das für mich? Also viele, viele spannende Fragestellungen. Natürlich können wir aber davon profitieren, dass wir diese Themen im Grundsatz sehr häufig auf einer Einzelhandelsebene schon seit vielen Jahren bearbeiten.

Joubin Rahimi:
Und damit direkt mal eine Frage, eher ein persönliches Beispiel, und ich würde es gerne von Dir benchmarken lassen, ob das ein Einzelfall ist oder nicht: Es geht um Gardena. Ich bin Gardena-Fan, und wir haben einen Garten im neuen Haus in Remscheid. Ich weiß, nicht mehr Köln, aber das ist mal eine andere Geschichte wert. Und da haben wir einen Garten, wo ich eine Hecke pflanze, die ich gerne automatisch bewässern möchte. Also alles relativ simpel. Wo war ich? Ich war auf der Gardena-Homepage und musste mich erst mal durch die Information fräsen. Da habe ich gemerkt, die haben sich schon Gedanken gemacht, wie ist denn so die UX. Aber eher so exemplarisch, weil all die Informationen, die ich brauchte, waren relativ zäh herauszufinden. Und dann hatte ich alles zusammen und konnte es nirgendwo einfach bestellen. Es gab zwar Abschwünge zu anderen Händlern, aber es war dann halt keine tolle Journey. Das fand ich irgendwie schwer. Ticken so die Kunden, dass sie schon auf die Herstellerseite gehen, wenn die so ein Thema haben? Wissen sie schon, welche Marke sie nehmen?

Dr. Kai Hudetz:
Zunächst mal Glückwunsch für die Entscheidung, automatische Bewässerungssysteme, das haben wir auch und das ist wirklich eine tolle Sache. Zum Zweiten, ich werde diesen konkreten Fall natürlich an die Kollegen von Gardena weitergeben. Auch die sind ECC-Klubmitglied und diskutieren. Und zum Dritten, was man hier tatsächlich sieht, worauf es eigentlich ankommt, ist, das ganze Thema herumzudrehen. Wie es hier gehandhabt wird, wird es ganz klar aus einer Anbietersicht betrieben, getrieben von bestehenden Vertriebskanälen, die man hat. Es ist getrieben davon, jetzt bestehende Kanäle nicht zu verunsichern, nicht zu verprellen. Es ist aber nicht vom Kundenwunsch her gedacht. Der Kunde möchte natürlich eine viel einfachere Customer Journey haben. Wenn ich mich jetzt speziell für ein Gardena-Produkt interessiere, dann möchte ich auf einer Seite, und wir sehen, gerade im B2B ist das eben dann häufig auch die Herstellerseite, die notwendigen Informationen haben und am Ende des Tages auch mit wenigen Klicks bestellen können. Im schlimmsten Fall ist es so, du hast noch Absprungpunkte zu Händlern und dann kannst du noch mal neu eingeben, was du eigentlich gesucht hast. Das ist natürlich eine ganz beschämende UX, wenn die Parameter nicht mitgegeben werden. Das ist getrieben von dem Wunsch, diese Händler mitzunehmen auf dem Weg. Das ist gut gedacht, aber in vielen Fällen ist gut gemeint das Gegenteil von gut gemacht. Wir müssen das deutlich konsequenter in vielen, vielen Bereichen vom Endkunden her denken. Aber das ist natürlich Neuland für diese Unternehmen, die jahrzehntelang mehrstufigen Vertrieb aufgebaut haben und sehr, sehr erfolgreich geworden sind. Ich mein, Gardena ist ein tolles Beispiel, super Marke, toll, ich kann gut verstehen, dass Du da Fan davon bist. Man ist sehr erfolgreich mit seinen Handelspartnern. Jetzt merkt, man muss es aber vielleicht doch anders machen, um das volle Potenzial auszuschöpfen. Und das ist nicht ganz leicht und das hängt auch wieder damit zusammen, was ich gerne thematisiere, wir haben in den allermeisten Fällen zu wenig Informationen über den Endkunden. Ich weiß einfach zu wenig. Und das ist bei Herstellern, die ja gefühlt in so einen Blackbox-Handel einliefern und gar nichts über Kunden an Informationen mitkriegen. Das ist für die natürlich besonders schwierig, weil die beginnen in vielen Fällen erst mal. Und die Organisationen sind ja auch nicht so aufgebaut, die sind ja auf mehrstufigen Vertrieb aufgebaut. Man muss fair sein, es ist schon schwierig, aber die Tatsache, dass es schwierig ist, heißt ja nicht, dass man so eine Erfahrung machen muss, wie Du sie gemacht hast.

Joubin Rahimi:
Das ist dann ja super, weil Ihr könnt ja das Wissen mit dem Umgang mit dem Kunden und die Erfahrung damit, dass man den Kunden doch ins Zentrum stellt, weil Ihr es ja für den Handel tagtäglich macht, gut weitergeben an die entsprechenden Industrieunternehmen.

Dr. Kai Hudetz:
Ja, absolut, für uns und unsere Kunden ist das ein großer Vorteil, dass wir eben schon seit 1999 diese Fragen vom Kunden her entwickeln, dass wir unzählige Customer Journeys hier gemacht haben. Gerade XXX haben das sehr, sehr viel gemacht, weil wir fast jede große Baumarktkette zu unseren Kunden zählen dürfen. Und das sind natürlich Erfahrungen für Hersteller, auf denen man aufsetzen kann. Manchmal sind die Fragen dann noch mal ein bisschen spezieller und vielleicht auch schwieriger, weil wir es eben oft mit Unternehmen zu tun haben, die haben eine Einzelhandelssparte von den Produkten her, die haben noch mal Sparten speziell für den Fachhandel. Also, es ist schon auch ziemlich kompliziert geworden. Und wenn wir ganz ehrlich sind, haben ja manche Unternehmen gar nicht so schlecht von Intransparenz gelebt, man wusste das gar nicht so genau. Aber das Internet hat natürlich, im B2C ohnehin, aber zunehmend auch im B2B-Bereich dafür gesorgt, dass viel mehr Transparenz im Markt ist. Und das ist durchaus herausfordernd.

Joubin Rahimi:
Die Transparenz noch mal angesprochen, oder die Intransparenz. Und nochmal mein Beispiel mit dem Remscheider Haus, das wird auch noch kernsaniert. Und da ist die Frage, KNX versus andere Smarthome-Systeme. Der Elektriker hat gesagt, KNX, ist halt ein bewährtes System, die großen Hersteller in Deutschland oder in Europa nutzen das. Man kann damit auch fast alles erledigen. Aber das macht dann der Handwerker, und ich bin so außen vor. Ich will aber gerne so ein bisschen gucken, was ich mache. Aber ich weiß auch nicht, wo alles genau hinkommt, weil es nicht fest ist. Und jetzt habe ich festgestellt, dass Google, Amazon und Apple eine Allianz geschmiedet haben, CSA heißt die, in dem sie zwei Standards definieren – Matter und Thread. Und das finde ich total spannend. Da zeigen uns wieder mal die GAFAs, dass sie die Macht haben, einen Standard zu etablieren, um wirklich einen Schritt nach vorne zu kommen. Und ich komme so von der Kundenecke. Haben denn deutsche Unternehmen wirklich eine Chance, da aktiv nach vorne zu gehen in dem Umfeld? Rein theoretisch gibt es genügend große Elektronikhersteller in Deutschland, die hätten auch etwas Neues machen können, und nicht KNX-Version 285.3 oder so.

Dr. Kai Hudetz:
Ja, das ist natürlich eine schwierige Frage, woran hapert es an der Stelle? Wir haben ja schon früher gesehen, das mit den Standards ist natürlich schon auch schwierig, weil nicht immer der beste Standard sich durchsetzt, sondern der, der dann am besten vermarktet wird. Das hat viel mit Größe zu tun, und davon sind natürlich von den Reichweiteneffekten, die die GAFAs erzielen können, andere Unternehmen weit, weit weg. Trotzdem, was ich eben auch besonders spannend finde, ist, in dem B2B-Bereich wimmelt es in Deutschland ja von Weltmarktführern. Also, wir sind ja unheimlich stark, haben so tolle Brands, die dann vielleicht tatsächlich auch mal schneller auf Veränderungen reagieren und und umsetzen. Und ich finde es auch schade, und das ist ja nicht nur eine Frage der Hersteller und der Standards, sondern generell, wie kriegen wir so Technologie zum Kunden und wie packen wir da noch Services dran? Und so haben wir bei dem Thema Smarthome tatsächlich sehr wenige intelligente Gesamtkonzepte. Die Allermeisten haben ein bisschen etwas hier und da, aber es ist alles noch ein bisschen sehr, sehr rustikal. Da könnte man doch deutlich mehr. Und dann kommt ja auch noch das Thema dazu, da hast du die Service-Komponente, da kannst du auch beraten, aber stattdessen beackert man sich dann bei Telekommunikationsverträgen, wo es dann um Cent-Beträge geht.

Joubin Rahimi:
Das ist genau richtig. Mir fällt ein Unternehmen ein, das allerdings kein Hersteller ist, Lampenwelt. Die bieten Services dafür an, um mal ganzheitlich darüber zu gucken. Weil das ist ja nicht nur ein bisschen smarte Elektronik, sondern passen die Sachen zusammen? Wie ist das mit den Leuchten, passen die da rein und sind die hell genug? Die setzen sich da darüber. Von den Herstellern hat man sehr, sehr wenig dort, die füttern eher so Spiel und Zeug, so den Youtube- und Instagram-Kanal, vielleicht kennt der eine oder andere den. Ich finde, super gemacht, das ist auf einmal die Quelle. Ein Mensch, ein Influencer, der dann die Sachen promotet, die er gut findet oder für die er Werbung machen darf.

Dr. Kai Hudetz:
Du bist ja auch schon weit fortgeschritten auf dem Weg zum Influencer.

Joubin Rahimi:
Noch weit davon entfernt, Kai.

Dr. Kai Hudetz:
Aus der Herstellersicht verstehe ich das so ein bisschen. Die Hersteller sind halt noch sehr stark getrieben von dem Gefühl, sie haben alle einfach supertolle Produkte und die funktionieren halt großartig und das ist Made in Germany und top und überall gefragt. Und spätestens wenn du nach China exportieren kannst, dann bist du ohnehin der Größte und gemacht. Aber wir müssen auch da noch besser verstehen, die Kombination in Lösungen zu denken. Also das, was in anderen Bereichen der eine mehr, der andere weniger verinnerlicht hat, dass es um Problemlösungen geht. Denkt man an die Baumärkte, wo wir jetzt feststellen, okay, es geht halt wirklich um nicht um ein einzelnes Produkt, sondern es geht darum, irgendetwas möchte der ja mit dem Bohrer machen, nicht nur Löcher in die Wand. Wenn man das konsequent wirklich anders denkt, weg vom Produkt und hin zu einer Lösung, dann führt das zu ganz interessanten Effekten.

Joubin Rahimi:
Dein Projekt, heute der Spruch von einem, der ...

Dr. Kai Hudetz:
XXX, muss man sagen, hat das sehr früh umgesetzt, auch in der Werbung umgesetzt. Man muss dann natürlich auch mit einer hohen Konsequenz machen, bis hin zu einem Hilti, die dann sagen, wir machen neue Geschäftsmodelle, du bezahlst pro Bohrloch. Da kann man ja tatsächlich ganz, ganz neue Sachen aufsetzen.

Joubin Rahimi:
Obi ist ja Wermelskirchen, nicht weit weg von hier, und durch die Stellenanzeigen, die wir so sehen, fiel uns schon früh auf, dass die viel Expertise in dem Umfeld „Wie kann ich den Kunden beraten in einzelnen Themen?“ und „Wie baue ich so Anleitungen?“ investieren. Und da würde ich gerne für die Zuhörer das Wissen von Dir und quasi die Schwarmintelligenz der erfolgreichen Industrieunternehmen nutzen und anzapfen. Das ist ja vor allem ein organisatorisches Thema. Du hast ja gesagt, bisher mussten sich Industrieunternehmen nie damit auseinandersetzen. Und jetzt ja, und das tut man natürlich, indem man die richtigen Menschen einstellt. Gibt es da in Richtung Organisationsstruktur und Größe so paar Leitplanken, die Du mitgeben kannst?

Dr. Kai Hudetz:
Ja, das ist ja fast schon so ein bisschen der Heilige Gral. Aber es beginnt natürlich mit dem Standort, deswegen hat Obi auch in der Schanzenstraße dann Obi Next hochgezogen und vorher Obi Digital. Der Standort Köln ist halt doch interessanter für junge Leute als der Standort Wermelskirchen. Ohne Wermelskirchen zu nahe zu treten, aber das ist durchaus nachvollziehbar. Und das andere ist ja dann immer die Frage, wie eng kann das dann auch mit dem Kerngeschäft verknüpft sein? Wir haben ja Unterschiedlichstes gesehen, komplett von der Abteilung hochgezogen im Haus bis hin zu Organisationen, die dann komplett losgelöst waren. Ich glaube, es hat große Vorteile, wenn man das am Anfang zumindest außerhalb der Organisation hochzieht, weil die Diskussionen um die Ressourcen sind immer dann unerfreulich, wenn du am Tisch derjenige bist, der den kleinsten Umsatz beisteuert. Hör Du auf mit deinem Online-Kanal, wir machen das so, wie wir es immer gemacht haben. Da tut man sich leichter hochzuskalieren, wenn man es außerhalb der Organisation macht. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, und das haben wir bei einigen gesehen, denkt man an Douglas beispielsweise, wo man das wieder zusammenführen muss, die Standbeine. Eine Marke, ein Kundenerlebnis. Total stand alone, das war früher auch mal so ein Trend, denken wir an Mediamarkt, das macht keinen Sinn, weil du einfach dann kein einheitliches Kundenverständnis- und Erlebnis über die Kanäle hinweg entwickelst. Insofern, glaube ich, da gibt es keine Blaupaus e oder so. Aber die Erfolgreichen machen das erst mal außerhalb der Organisation und verschmelzen das dann mehr oder minder schnell.

Joubin Rahimi:
Im Endeffekt eine eigene Organisation aufbauen.

Dr. Kai Hudetz:
Ja, auch eine andere Kultur. Das sieht man bei der Rewe ja auch, auch das erleichtert es natürlich. Gerade viele Händler sind doch noch sehr rustikal, sehr hemdsärmelig unterwegs. Und junge Talente fühlen sich in so einer Organisationskultur dann auch nicht wohl. Damit die überhaupt bleiben, die zu gewinnen ist das eine, aber halten ist dann noch mal das andere. Die erwarten dann eben auch eine gewisse Art von Kultur. Jetzt muss man sagen, das entwickelt sich ja auch alles, das entwickelt sich ja auch bei den traditionellen Handelsunternehmen. Die Krawatten verschwinden, Turnschuhe sind da, die xxx-Kultur greift immer stärker um sich. Also das verschwimmt, aber trotzdem tut man sich eben kulturell leichter, wenn man nicht von Anfang an aus dem eigenen Saft kommt. Da kommst du nicht weit, da musst du zu oft zu viele Kompromisse machen und kriegst die Geschwindigkeit nicht hin.

Joubin Rahimi:
Ja, super, danke für diese Insights heute. Und Ihr habt sicherlich auch dazu Studien, vermute ich mal, oder Garten-ECC-Kreis, wo dann Industrieunternehmen miteinander sich austauschen können.

Dr. Kai Hudetz:
Wir haben tatsächlich weniger Studien, glaube ich, gemacht, dafür müsste ich hier mal kramen, aber wir haben inzwischen drei Roundtable-Formate, die sie sich damit beschäftigen, also B2B, wo wir eh schwimmende Grenzen haben, plus dann noch einen für Konsumgüterhersteller. Die treffen sich dreimal im Jahr, und nach diesem Austausch geht immer schlauer aus dem Raum raus, als man reingekommen ist. Der Austausch, auch unter den Unternehmen, ist aus meiner Sicht wirklich fast unbezahlbar. Dabei ist die Einstiegshürde mit dem ECC-Club so denkbar niedrig. Aber es lohnt sich wirklich, weil diese Entwicklung kommt kategorieübergreifend, da wird sich keiner davon freimachen. Und zu verstehen, wo die Endkunden hinwollen, ist wichtiger denn je.

Joubin Rahimi:
Super, danke Dir, Kai. Danke für Deine Zeit!

Dr. Kai Hudetz:
Vielen Dank für die Einladung, Joubin.

Joubin Rahimi:
Gerne, immer wieder gerne. Für alle Zuhörer, Ihr könnt unten natürlich Kommentare abgeben beziehungsweise in den Notes dazu, die Links auch sehen zum ECC-Club, zu den Roundtables. Wir freuen uns, wenn Ihr das nächste Mal wieder dabei seid!

Themen: insights!

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